GTI Reisen: Ein Beispiel, das Ängste schürt

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GTI Reisen war beliebter Anbieter für billige Reisen in die Türkei. Im Juni 2013 gab das Unternehmen unvorhergesehen die Insolvenz bekannt. Der Worst Case für ein Unternehmen und gerade in der Touristik immer weniger abwegig. Was gab den Ausschlag, und wie steht es um die Reisebranche in Zeiten der Pandemie?

GTI Reisen: Nach dem Aufstieg kommt der Fall

In Düsseldorf befand sich der Hauptsitz von GTI Reisen. Jedoch war das Unternehmen Tochter der Kayi Group mit Sitz in Antalya. Spezialisiert auf günstige Türket-Reisen erfolgte 1994 die Gründung, mit gutem Erfolg. In der Hoch-Zeit schaffte es GTI Reisen auf Platz acht der zehn größten Reiseveranstalter in Deutschland. Die enge Verbindung zum Feriengebiet versetzte die Mitarbeiter in die Lage, eine umfassende Beratung sowie zugeschnittene Services bieten zu können. Dies war u.a. ausschlaggebend dafür, dass sich jährlich hunderttausende Kunden für eine Buchung bei dem Anbieter entschieden.

Was führte in die Pleite?

Neben GTI Reisen gehörten auch die Reiseveranstalter GTI Polen, DTI Holland und Buchmal-Reisen sowie die Riva-Hotelgruppe und die Sky Airlines-Fluggesellschaft zu der türkischen Unternehmensgruppe Kayi. Fehlplanungen im Airline-Geschäft und missglückte Verkäufe von Unternehmensbeteiligungen wurden offiziell als Gründe für die Insolvenz angegeben. Nach sechs Jahren wurde der Fall auf Grund von Vorwürfen gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzende von GTI Reisen nochmal aufgerollt. Es wurde Anklage wegen Untreue und betrügerischem Bankrott erhoben. Im Detail: Die Insolvenz soll von dem Verantwortlichen nicht fristgerecht gemeldet worden sein. Zum anderen soll er 10,5 Millionen Euro aus der Firmenkasse unterschlagen haben. Seine Ehefrau illustrierte durch einen Einwurf die Größenverhältnisse. Laut ihrer Angabe spielten kurzfristig verwehrte Kredite türkischer Banken in Höhe von 45 Millionen Euro eine große Rolle bei der plötzlichen Insolvenz des Reiseveranstalters.

Infografik: Der aktuelle Marktausblick für die Tourismus- und Reisebranche Deutschlands. Die Branche verkraftet Pleiten wie jene von GTI Reisen sehr gut. Allerdings dürfte es bis 2024 dauern, bis die Umsätze wieder das Vorkrisenniveau erreichen. (Foto: shutterstock - DisobeyArt)

Infografik: Der aktuelle Marktausblick für die Tourismus- und Reisebranche Deutschlands. Die Branche verkraftet Pleiten wie jene von GTI Reisen sehr gut. Allerdings dürfte es bis 2024 dauern, bis die Umsätze wieder das Vorkrisenniveau erreichen. (Foto: shutterstock – DisobeyArt)

Reisebranche: Die Angst vor einer Insolvenz à la GTI Reisen geht um

Der deutsche Tourismusmarkt ist schon lange ein schwieriges Geschäft. Seit Jahren werden magere Umsatzrenditen von zwei bis drei Prozent hingenommen. Vor allem KMUs fühlen sich u.a. von den Konsolidierungsbestrebungen der Branche bedroht und fürchten eine Zahlungsunfähigkeit wie sie GTI Reisen ereilt hat. Laut dem Statistischen Bundesamt kann man jedoch sagen, dass der deutsche Tourismus bis zum Februar 2020 jahrelang einem Aufwärtstrend gefolgt ist. Mit Corona kamen große Einbußen auf die Reiseveranstalter zu und die Lage wurde misslich.

Insolvenzprognose: Anteil insolvenzgefährdeter Unternehmen der  Branche Reiseveranstalter und Reisebüros pro Bundesland
Bundesland Februar 2020 Januar 2021 Prozentuale Veränderung
Baden-Württemberg 6,3% 7,7% +22,2%
Bayern 4,8% 6,6% +35,9%
Berlin 7,3% 9,8% +35,0%
Brandenburg 5,9% 7,5% +28,0%
Bremen 7,9% 10,8% +42,0%
Hamburg 7,8% 8,5% +8,9%
Hessen 6,4% 8,0% +25,0%
Mecklenburg-Vorpommern 5,6% 7,6% +35,0%
Niedersachsen 4,9% 6,6% +35,0%
Nordrhein-Westfalen 6,8% 8,9% +32,0%
Rheinland-Pfalz 5,3% 7,8% +47,0%
Saarland 7,2% 8,2% +14,0%
Sachsen 7,0% 10,4% +4,8%
Sachsen-Anhalt 9,8% 12,6% +28,0%
Schleswig-Holstein 4,3% 6,0% +40,0%
Thüringen 6,4% 6,8% +6,6%
Quelle: CRIF Bürgel, Vergleich Februar 2020 vs. Januar 2021, Stand Februar 2021

Vergleich zum Vor-Corona-Jahr: Erheblicher Umsatzrückgang

Im Namen des Deutschen Reiseverbands (DRV) wurden Auswertungen von Travel Data + Analytics gemacht. Ein Vergleich zeigt einen Umsatzrückgang bei den Reiseveranstaltern in Höhe von 69 Prozent, gegenübergestellt: die Buchungen des Vor-Corona Jahres 2019 mit Ende September 2021 Umgerechnet entspricht das etwa zwölf Milliarden Euro. Der annähernde Totalausfall der Wintersaison zwischen Ende 2020 und April 2021 führte sogar zu einem Rückgang des Umsatzes um 94 Prozent, gemessen an 2019/20. Nach monatelangen Einschränkungen konnte endlich wieder gebucht werden, und das Reisebedürfnis schien groß. Erfreulicherweise stieg die Urlaubsanfrage im Sommer 2021 beträchtlich. Der Buchungs-Stand von 2019 konnte für einige Wochen übertroffen werden. Das Phänomen wurde teils als Rache-Reisen ausgelegt, was den Begriff Revenge Travel prägte. Es bringt das Nachholbedürfnis und Rache zusammen, die in einer besonderen Form der Belohnung münden.

Infografik: Die Top 10 der Reiseveranstalter in Deutschland. Die Reiseveranstalter werden hier an ihrem Gesamtumsatz im Jahr 2019 gemessen. (Foto: shutterstock - MrMax)

Infografik: Die Top 10 der Reiseveranstalter in Deutschland. Die Reiseveranstalter werden hier an ihrem Gesamtumsatz im Jahr 2019 gemessen. (Foto: shutterstock – MrMax)

Der Einfluss von Corona: Reisebedürfnisse verändern sich

Mit der Pandemie haben sich auch die Bedürfnisse der Menschen gewandelt. Die Arbeitsbedingungen sind nun flexibler, ein Beispiel für angepasste Rahmenbedingungen, das sich auswirkt. Ein weitere Grund liegt in den wenig verlässlichen Planungsmöglichkeiten der vergangenen zwei Jahre. Damit ist das Bedürfnis nach Flexibilität und Sicherheit gestiegen. 2021 wurde so kurzfristig gebucht wie nie zuvor. Im Juli wurden 55 Prozent alle Reisen nicht mal vier Wochen vor Abreise gebucht. Das Verhalten nahm im August noch zu und stieg auf 61 Prozent. Daneben kann die Tendenz zum Urlaub in der Heimat beobachtet werden. Das beliebteste Reiseziel der Deutschen war im Jahr 2021 laut HomeToGo, einem Marktplatz für Ferienunterkünfte, das eigene Land. Auch Ferienwohnungen wurden vermehrt nachgefragt. Aufgabe des Reiseveranstalters ist es, sein Angebot dem neuen Anspruch des Konsumenten anzupassen. Relevante Schlüsselthemen: Heimatpakete mit Selbstversorgungsoption, Flexibilität in den Buchungskonditionen sowie Kombinationen von Unterkunft und Arbeitsplatz. Eine Zukunfts-Garantie hat man nie. Jedoch geht dieser Weg mit der Zeit und führt tendenziell weg von einem Schicksal à la GTI Reisen.

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